Werke mit Wirkung.
Neue Arbeiten von Susanne Rikus
Die Bilder der Kunstpreisträgerin Susanne Rikus sprechen ihr Publikum auf eine ganz besondere Weise unmittelbar an. Es ist die Kraft einer authentischen und von Weisheit gespeisten, transformierenden Malerei, die eine derartige Wirkung erzeugt. Als Gegenpol zur allgemeinen Hektik Alltags schaffen die ausdrucksstarken Arbeiten sofort eine belebende und zugleich beruhigende, verbindende, zentrierende und entschleunigende Atmosphäre im Raum. Darin können die Betrachter rasch zu sich selbst und in ein Spüren kommen, das die Botschaft der Bilder entfaltet und sie in den tiefen Schichten des Bewusstseins verstehen lässt.
Wie können derart subtile, dabei fesselnde und wirkkräftige Werke entstehen und was macht sie so außergewöhnlich? Susanne Rikus, von Haus aus Architektin, nutzt ihr gutes Gespür für Bauwerke und deren spezifische Umgebung wenn sie in die Vorarbeit für ihre künstlerischen Arbeiten geht. Denn die eigentliche Malerei steht erst ganz am Ende eines langen Arbeitsprozesses. Am Anfang steht die Forschung. Hierfür nimmt die Künstlerin umfassenden Einblick in und hinter die Erscheinungen der Spuren, die alte Kulturen z. B. auf Sardinien, Hawaii, Vancouver Island oder in Regionen Afrikas hinterlassen haben, sei es in Form von Bauwerken oder anderen materiellen und immateriellen Kulturäußerungen. Über das wissenschaftlich-rationale Erforschen der Quellen hinaus, begibt sich Susanne Rikus vorzugsweise selbst an diese Orte weltweit, an denen über einen langen Zeitraum altes Wissen gelebt und weitergegeben wurde, um unmittelbar aus diesem Speicher zu schöpfen.
Direkt aus dieser Verbundenheit heraus erschafft sie ihre Werke, in deren Ästhetik sich jene Informationen bisweilen ganz direkt wiederspiegeln (river of transformation), stets aber auf einer höheren Ebene enthalten und lesbar sind: häufig in Verbindung mit Natur (Kane, Hawaiian islands, red dance, Hawaiian waterfall), oder figurativen Anklängen (duality meets oneness, goddess), aber auch stark abstrahiert (home od the souls, Hawaiian spirits, rainbow falls).
In klaren Gesten und mit kraftvoll leuchtender Farbe legt Susanne Rikus die Motive Schicht für Schicht auf meist großen Formaten an. Der Malakt selbst erfolgt rasch, spontan, mit sicherem, selbstbewusst geführtem Pinselstrich. Diese Unmittelbarkeit und große Lebendigkeit in der Ausführung führt zu einem äußerst expressiven, stimmigen Erscheinungsbild. Dies reicht von eher verspielt und luftig gesetzten Farbmomenten (rainbow falls, Hawaiian home) bis hin zu komprimierten, energiegeladenen Äußerungen (Domus de Janas, home of the souls). Jede dieser Arbeiten überzeugt gleichermaßen in ihrem vollkommen authentischen Ausdruck. Hier entwickelt Susanne Rikus eine Ästhetik, die, häufig synchron, sprengende und zugleich bergende Momente beinhaltet und damit jene Energie erzeugt, von der eingangs die Rede war.
In jüngerer Zeit experimentiert sie mit einem Verfahren, in dem sie Fotografien mittels Farbpigmenten auf Leinwand oder einen transparenten Träger wie Glas oder Acrylglas transferiert und anschließend mit Farbe weiterbearbeitet. So können fotografisch festgehaltene, individuelle Strukturen eines traditionell wirksamen Ortes auf ein Bild übertragen und verarbeitet werden. Dabei verdichtet Susanne Rikus die Komposition bisweilen so weit, dass die eigentliche Essenz des Bildes für das äußere Auge zwar unzugänglich bleibt und dennoch vom Betrachter wahrgenommen werden kann (goddess). Damit gelingt es der Künstlerin, das Nichtgreifbare in ihren Bildern auszudrücken.
Nicht nur bei Hinterleuchtung zeigen auch jene Arbeiten in Transfertechnik große Ausdruckskraft, in denen die Fotografie noch zu erahnen ist oder in Teilen auf der Komposition erscheint (matrix, entering the temple). In letzterem Werk könnte man ebenso meinen, die weibliche rote Figur nähert sich nicht einem antiken Tempel, sondern dem Brandenburger Tor der Metropole Berlin. Dies ist durchaus beabsichtigt, denn eine Intention von Susanne Rikus ist es, mit ihren künstlerischen Arbeiten Alt und Neu zusammen zu bringen. Altes Wissen als solides Fundament kann die Öffnung hin zu notwendigen Veränderungen für Neues, noch nicht Dagewesenes bewirken. Zugleich kann es den Blick auf gemeinsame Wurzeln der Kulturen schärfen und somit gegenseitige Toleranz und Völkerverständigung fördern. Wenn die Künstlerin mit Archetypen, Zeichen und Äußerungen von der „Wiege der Menschheit“ arbeitet, dann gilt dies immer im Sinne einer Anbindung, eines wertschätzenden Zurückerinnerns an die Urkräfte der Natur und unserer Verantwortung als Mitschöpfer unseres Daseins.
Genau dies ist es, was die Arbeiten für den Betrachter so anziehend macht, denn es liegt eine tiefe, menschliche Sehnsucht in ihnen verborgen. Eine Sehnsucht, die wir gegenwärtig kaum mehr bewusst wahrnehmen, weil wir vergessen haben, woher wir kommen und aus welchen Quellen sich Geist und Seele, Wissen und Kultur speisen. Die Bilder von Susanne Rikus geben uns eine Ahnung davon, lassen uns spüren, dass es hierfür lebendige Fundamente gibt, die uns Orientierung ermöglichen. Das große Verdienst der Künstlerin ist es, dass sie uns diese über ihre Werke wieder zugänglich macht, indem sie ihr inneres Wissen in künstlerischer Form verdichtet. Daher erweitert sie in ihrer Malerei den Bereich der informellen Kunst um Aspekte des Visionären, Imaginativen und der Transformation.
Mit ihren Bildern schafft Susanne Rikus somit eine Verständigung jenseits des Verstandes. Indem sie den Betrachter ihrer lebendigen und pulsierenden Arbeiten mit uraltem Menschheitswissen verbindet, öffnet sie weite Resonanzräume, in denen zeitliche und räumliche Distanzen keinerlei Rolle mehr spielen. In einer solchen Anbindung kann Entwicklung in Freiheit geschehen, eine Vision, die dem machtvoll subtilen und außergewöhnlichen Oeuvre von Susanne Rikus zugrunde liegt.
© 2017 Dr. Ingrid Gardill, Kunsthistorikerin
In english:
Works with Force
New Works by Susanne Rikus
The paintings of the art award winner Susanne Rikus speak directly to her public in a very special way. It is the force of an authentic and transforming painting fed by wisdom, which produces such an effect. As an opposite pole to hectic daily life, the expressive works create a stimulating and yet calming, unifying and centering atmosphere in space. In it, the viewers can quickly come into their own and have a sense that the message of the paintings is unfolding and allows them to understand in the deep layers of consciousness.
How can such subtile and yet engaging and effective works result, and what makes them so unusual? Susanne Rikus, actually an architect, uses her grasp of building and its specific surroundings when she gets into the preparation for her artistic works. For the real painting comes at the end of a long work process. At the beginning is the research. For this, the artist takes an extensive look into and behind the appearances of the traces, which old cultures have left behind in Sardinia, Hawaii, on Vancouver Island or in areas of Africa – whether in the form of buildings or other material and immaterial cultural expressions. Beyond the scientific-rational exploration of the sources, Susanne Rikus herself goes to these places world-wide, where, over a long period of time, old knowledge was lived and passed on, so as to draw directly from this stored memory.
Directly from this connectedness, she creates her works, in whose aesthetics that information is reflected (river of transformation), but is always maintained on a higher plane and is legible. Often, this is in connection with nature (Kane, Hawaiian islands, red dance, Hawaiin waterfall) or figurative echoes (duality meet oneness, goddess), but is also abstracted (home of the souls, Hawaiin spirits, rainbow falls).
In clear gestures and with powerful bright colors, Susanne Rikus applies the motifs to mostly large formats layer by layer. The act of painting itself follows quickly, spontaneously, with sure, confident brushstrokes. This directness and liveliness in the implementation leads to a very expressive, harmonious appearance. This extends from playful and airy color moments (rainbow falls, Hawaiian home) to compressed, energetic expressions (Domus de Janas, home of the souls). Each of these works is convincing to the same extent in its completely authentic expression. Here Susanne Rikus is developing an aesthetic, which often includes synchronic, bursting and retrieving moments and thus produces that energy mentioned at the beginning.
More recently, she is experimenting with a procedure, in which she transfers photographs to a canvas or a transparent medium like glass or acrylic glass by means of color pigments and processes them further with color. So, photographically held, individual structures of a traditional place can be transferred to a picture and processed. This way, Susanne Rikus compresses the composition such that the real essence of the image remains inaccessible for the outer eye and yet can be perceived by the observer (goddess). This way, the artist succeeds in expressing the intangible in her paintings.
Not only with back lighting xxx do those works show great expressive power (in the transfer technique), in which the photography can be surmised or appears in parts on the composition (matrix, entering the temple). In the latter work, you might think the female red figure was not approaching an antique temple, but rather the Brandenburg Gate in the metropolis of Berlin. This is done on purpose, since one intention of Susanne Rikus is to bring old and new together with her artistic works. Old knowledge as a solid basis can cause the opening up to necessary changes involving the new, the unprecedented. At the same time, it can sharpen the look at common cultural roots, thus promoting tolerance and international understanding. When the artist works with archetypes, signs and statements of the “cradle of humanity”, then this applies in the sense of a connection, a respectful memory of the primal forces of nature and our responsibility as co-creators of our existence.
This is what makes the works so compelling for the viewer, for there lies a deep, human longing hidden in them. A longing, which we perceive and are barely conscious of, because we have forgotten from where we come and from what sources our spirit and soul, knowledge and culture feed themselves. The paintings of Susanne Rikus give us an idea of this, let us sense that there are living foundations for it, which make orientation possible for us. The great service of the artist is that she makes this accessible to us through her works by condensing her inner knowledge in artistic form. Thus, in her painting, she expands the area of informal art by aspects of the visionary, imaginary and transformation.
With her paintings, Susanne Rikus creates understanding beyond the intellect. In that she connects the viewer of her lively and pulsating works with ancient human knowledge, she opens broad spaces of resonance, in which temporal and spatial distances play no more role. With such linkage, development in freedom can occur: a vision, which underlies the powerful, subtle and exceptional Oeuvre of Susanne Rikus.
2017, Dr. Ingrid Gardill, Art Historian